Mit Klassik, Pop und 300 Gästen
Bissendorf. „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Seinen rund 300 Gästen musikalisch mit dem gleichnamigen „Höhner“-Hit auch gleich geantwortet hat der MGV Schledehausen am Samstagabend: Genau jetzt! Denn der 66. Sängerball in den Osnabrücker Werkstätten Schledehausen war der perfekte Anlass für die 38 Sänger, das Beste – „The Best of“ aus fast sieben Jahrzehnten Chorgeschichte herauszuholen. Mit Gerard van der Nulft am Taktstock machte schon der rhythmisch perfekte A-cappella-Auftakt richtig Lust auf die Sause.
Ausgewählt hatte der Chor nur Publikumslieblinge. Moderator Andreas Stäbe vom Liedausschuss begrüßte daher locker zum „MGV Television“. Weil die Originalstars zu teuer, auf Tournee oder schon
verstorben seien, habe man entschieden, „alle Lieder vom MGV Schledehausen singen zu lassen.“ Eine gute Entscheidung, und eine mutige dazu, den Spagat zwischen „Berliner Luft“ und Liedern von
Mozart, Catalani, Händel und Puccini zu wagen.
Letztere gab Solistin Beate Stanko, Gesangsdozentin an den Unis Oldenburg und Vechta, mit einer befreit und fein aufspielenden Katharina Scobioala am Klavier, die auch noch manchen Chor-Kracher des MGV veredelte.
Die Idee zu so einem hochkarätigen Gasteinschub war entstanden, nachdem Stanko im vergangenen März die Stimmen der Sangesbrüder während der Chorfreizeit auf Gut Ankelohe trainiert hatte.
Ihr Auftritt war grandios, wirkte fast unwirklich vor Partytischgarnituren, aber es funktionierte: Klassik für Feierlaunige, Pracht und Grandesse, die sie technisch meisterhaft zu traumtänzerisch perlenden Klavierakkorden zelebrierte, und dabei ganz auf Spektrum und Volumen ihrer Sopranstimme baute: Händels „Vadoro, pupille“ oder Mozarts „Voi, che sapete“, ein energiegeladener Dialog mit dem Piano.
Schlager und Pop müssen sich nicht dahinter verstecken, wenn sie mit so viel Verve und Laune, mit Schmackes und Begeisterung gegeben werden wie anschließend vom MGV Schledehausen. Etwa „Barbara Ann“ von den Beach Boys, ausgewogen, taktgenau und geschliffen. Oder „Wiener Blut“, natürlich nicht ohne stehend schunkelndes Publikum. „Ich weiß ein Fass in einem tiefen Keller“ ist da schon überraschend altmodisch, verschmitzt, eher klassisches Liedgut. Und „Die Berliner Luft“ zündet spätestens beim zweiten Refrain, alle klatschen kräftig mit. Chorleiter van der Nulft, Ball-„Regisseur“ und MGV-Vorsitzender Armin Jäkel, die Pianistin und die ausgebildete Opernsängerin eint die Begeisterung für Musik, deswegen passt das alles.
Sogar Schlagerausflüge waschechter Punkbands – „Westerland“ von den „Ärzten“ oder „An Tagen wie diesen“ von den „Toten Hosen“, hören sich im Männerchorgewand richtig gut an. „Kopfhaut“, eine Cowboy-Indianer-Jagd, ist der zweite „Ärzte“-Hit des Abends und ein echter Partystampfer dazu. Frischer Wind in Repertoires, die sich sonst oft um bürgerlich-romantische oder geistliche Inhalte drehen. Immerhin sind inzwischen 15 Sänger im Chor um die 40 – nach den Eingewöhnungsjahren verleiht der eingeschlagene Weg dem MGV Schledehausen Flügel. Das vielleicht nicht immer mit den schwierigsten Chorstücken, aber alle sind clever arrangiert und klasse vorgetragen. Das kommt an – auch beim jüngeren Publikum. Dieses „Best of“ hat gezündet. Etwa bei Sangesbruder Wilhelm Speckmann, der auch an seinem 75. Geburtstag auftrat, oder Bernhard und Ingrid Wiesner, die sich vor 25 Jahren beim Sängerball kennenlernten.
Ein Artikel von Frank Muscheid
Quelle: NOZ Medien
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